EDITORIAL
Autorin: Y. Han · Ausgabe 11/2024||„Germany’s economy goes from bad to worse”, schrieb der „Economist“ kürzlich – und irgendwie ist das ein roter Faden, der sich sehr enervierend durch die letzten Jahre zieht und alle Lebensbereiche tangiert. Auch als Konsument von Kulturangeboten kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hierzulande auf immer kleinerer Flamme gekocht und mit angezogener Handbreme gefahren wird, wo eigentlich dringend investiert werden müsste. Stattdessen wird vielerorts verzagt und starrköpfig ein rigider Sparkurs gefahren, der seinerseits keine Erleichterung mit sich bringen wird – stattdessen wird es auf fatale Weise einige Menschen in ihrer Fehlannahme bestärken, dass sich der Kultur- und Bildungsauftrag ja auch so zureichend erfüllen ließe. Da lesen sich Nachrichten wie die, dass man Sender wie 3sat und ARTE zusammenlegen wolle, ebenfalls mit einem Kopfschütteln – da müssen die einzigen Sender, auf die in Sachen Klassikmusik Verlass ist, weichen, während woanders unverdrossen die zwanzigste Quiz- oder Schlagershow produziert wird. Weiteres kulturelles Schrumpfen ist angesichts so einer Strategie vorprogrammiert, mit noch mehr Häusern, denen Sparten weggestrichen, an denen Ensembles verkleinert und ambitionierte und vor allem auch vielfältige Spielplangestaltungen dadurch empfindlich erschwert bis unmöglich gemacht werden.%weiter%Sicherlich: Idealismus und künstlerische Ambition allein tragen einen so großen Apparat wie ein Opern- oder Mehrspartenhaus nicht; Gespieltes muss auch ein Publikum finden. Aber wenn konservative Sicherheitsentscheidungen dazu führen, dass man sich doch lieber auf einen begrenzten Kanon an praktisch umzusetzenden, gleichzeitig Publikum garantierenden Werken zurückbesinnt oder das Musiktheater gar zugunsten des vermeintlich massenwirksameren Musicals nach und nach wegrationalisiert, dann wird diese Kunstform allmählich aus der allgemeinen Wahrnehmung schwinden. Schon jetzt wird von Veranstalterseite vielfach beklagt, dass das Musiktheater kaum noch Beachtung im Feuilleton fände, die qualifizierte Berichterstattung in der Breite am Abnehmen sei – doch auch hier macht sich ein sich gegenseitig bedingendes System bemerkbar, das sich durch „sparen, sparen, sparen“ in eine Sackgasse hineinmanövriert hat. Da sind Strukturreformen und Investitionen gefragt, bevor wir uns in völliger Beliebigkeit und Anspruchslosigkeit wiederfinden.
Wir freuen uns, da nichtsdestotrotz weiterhin als Ihre „Trüffelschweine“ unterwegs sein und Themen, Produktionen und Gesprächspartner vorstellen zu können, die im Jahresverlauf das Musiktheater in allen seinen Facetten widerspiegeln – gerade jetzt, wo wir langsam, aber sicher auf das Jahresende zugehen und die Tage kürzer werden, beginnt man ganz gern zurückzuschauen auf die persönlichen Highlights der zurückliegenden Monate, die Neuentdeckungen, Wiederbegegnungen und Erkenntnisse. Alles ist im stetigen Wandel – und darin liegt, auch wenn nicht alles gut ist im Opernland, doch immer auch eine gewisse Verheißung ob des Kommenden.
Wir freuen uns, Sie weiter mitzunehmen in die neue Spielzeit, und wünschen Ihnen wie immer unterhaltsames Lesevergnügen!||Ihre Yeri Han