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Das Opernglas – Ausgabe 10/2025

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INHALTSVERZEICHNIS


AUSGABE 10/2025

Das komplette Inhaltsverzeichnis mit allen Themen Weiter

EDITORIAL

  • EDITORIAL

    Autorin: Y. Han · Ausgabe 10/2025||Wie konsumieren Sie außerhalb von Konzertsälen Musik? Über ein analoges Abspielgerät? Oder wie so viele inzwischen digital, wo immer Sie sich gerade bewegen? Ich tue letzteres – und auch wenn das nicht automatisch bedeuten muss, dass das Hörverhalten unaufmerksamer oder anspruchsloser ist als früher, fühlt man sich nach einem Gespräch mit einem Künstler, der großen Aufwand in ein durchdachtes Albumkonzept steckt, doch ertappt in der eigenen Gedankenlosigkeit des Musik-Abspielens. Denn ganz ehrlich, wie oft kommt es noch vor, dass man ein Album mit einer Konzentration, wie man sie im Konzertsaal oder einer Opernaufführung aufbringt (und nicht einmal da ist man geistig über die gesamte Zeit einhundertprozentig dabei), von der ersten bis zur letzten Sekunde und ganz bewusst hört? Dank einschlägiger Streaming-Plattformen ist Musikhören zu einer Art Hintergrundrauschen des eigenen Alltags geworden – so wie bei vielen früher einfach der Fernseher lief, damit es nicht vollkommen still im Wohnzimmer ist, erfüllt Musikstreaming heute für viele primär die Funktion, vom besorgten Rauschen im eigenen Kopf abzulenken – da sind einem die vorkuratierten Playlists oftmals nur zu recht. Öffnen, abspielen, nicht mehr nachdenken müssen.%weiter%Dass das etwas ist, was auch Klassikkünstler heutzutage bei ihrer Konzeption mit bedenken müssen, ist ein wenig ernüchternd – so schlüssig es auch ist, denn so tickt die Welt heute nun einmal. Umso mehr imponiert einem angesichts dessen der unerschrockene und kreative Mut, der zahlreiche junge Künstler dennoch nicht davon abhält, starke eigene Ideen in ihre Alben einfließen zu lassen und auch Stücken, die sich nicht unbedingt das Label „Gassenhauer“ umhängen können, einen Platz zu geben. Dafür steht nicht nur Katharina Konradi, die wir bei ihrem Abschied von Hamburg sprachen, sondern auch viele weitere Interviewgäste früherer Ausgaben wie etwa ein Äneas Humm (der übrigens gerade nicht nur ein weiteres Album, sondern auch einen sehr unterhaltsamen Klassik-Podcast herausgebracht hat, große Empfehlung!) oder auch Laurence Kilsby sowie die jungen Sänger und ihre Debütalben, die wir in dieser Ausgabe vorstellen. Da geht es bei Marcel Brunner etwa um Krieg und seine Folgen für Körper und Geist – inspiriert, wenn man dieses Wort in diesem Zusammenhang verwenden kann, hatte ihn der Angriff Russlands auf die Ukraine und der damit einhergehende Schock über einen erneuten Krieg auf europäischem Boden. So sehr ein jeder sich des schnellen Swipes zum nächsten Titel schuldig bekennen muss – vielleicht liegt gerade in der weiterhin da draußen zu findenden Kreativität doch auch ein Schlüssel zur Rückkehr zu der besinnlichen Art und Weise, wie wir früher Musik gehört und Freude in ihr gefunden haben, als man sich mit Vorfreude eine Platte aufgelegt und es sich dann alleine oder auch gemeinsam gemütlich gemacht und einfach mal Musik gehört hat. Und war nicht gerade auch Herbstbeginn? Die perfekte Zeit, würde ich sagen, um sich ein schönes Album zu schnappen, das Licht behaglich zu dimmen und einfach mal zuzuhören. Vielleicht finden Sie die Inspiration zu Ihrem nächsten Hörprojekt ja sogar auf den nachfolgenden Seiten zwischen Festspielausklang, Saisonbeginn und erfrischenden Künstlerbegegnungen. Eine behagliche Lektüre wünscht Ihnen|| Ihre Yeri Han

DIE INTERVIEWS

  • PENE PATI||Klassisch mit modernem Twist

    Pene Pati ist der erste Tenor aus Polynesien, der es auf die großen internationalen Opernbühnen geschafft hat – mit seiner strahlend lyrischen Stimme wie mit seinem herzlichen und gewinnenden Wesen. Während er sein Opern-Repertoire schrittweise erweitert, stellt er aktuell sein drittes Solo- Album vor, das italienischen Canzonen gewidmet ist. Über dieses Projekt unterhielt sich mit ihm Yeri Han.|| (Foto: Bernard)
  • KATHARINA KONRADI||Flügge geworden

    Die in Bischkek geborene Sopranistin Katharina Konradi ist im Alter von 15 Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen und hat später die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Zunächst war sie Ensemblemitglied an der Staatsoper Hamburg. Heute teilt sie ihre Zeit zwischen Oper, Liederabenden und Konzerttätigkeit auf mit Auftritten an der Bayerischen Staatsoper, der Wiener Staatsoper und dem Opernhaus Zürich, mit Recitals in der Londoner Wigmore Hall oder im Konzerthaus Wien. Mit ihr unterhielt sich Yeri Han.||(Foto: Werner)

FESTSPIELE

  • BAYREUTH BAROQUE||Pompeo Magno

    4. September · Markgräfliches Opernhaus · Autor: Jürgen Gahre||Es ist erstaunlich, mit welchem Geschick Max Emanuel Cencic für jede Rolle die richtige Besetzung findet. Dadurch dass Bayreuth Baroque mittlerweile weltweit einen vorzüglichen Ruf genießt, steht ihm die Creme de la Creme an Sängerinnen und Sängern zur Verfügung. Für Bayreuth Baroque engagiert zu werden, ist eben für jeden Mitwirkenden eine ganz besondere Auszeichnung.||(Foto: Manser)
  • MACERATA OPERA FESTIVAL||Rigoletto

    22. August · Arena Sferisterio · Autorin: Jennifer Pyron||Ruth Iniesta war als Gilda das gesangliche Highlight der Produktion. Ihr Sopran schimmerte, und ihr Fokus auf Verzierungen verfeinerte die Darbietung emotional zusätzlich. Diese Gilda verfolgte spürbar einen roten Faden, der sich im Laufe der Oper entwickelte und ihr Ende umso wirkungsvoller machte. Fast fühlte man sich an Joan Sutherland erinnert, denn es wurde eine bemerkenswerte Gesangstechnik deutlich, die es ihrer Stimme ermöglichte, sich mit Leichtigkeit und Vitalität in der Open-Air-Arena zu entfalten.||(Foto: Simoncini)
  • SALZBURGER FESTSPIELE||Castor et Pollux

    27. August · Felsenreitschule · Autor: Helmut C. Mayer||Die Uraufführung dieser Tragédie en musique fand 1737 in Paris statt und war mit Spannung erwartet worden, da Rameau nach dem in der französischen Oper noch immer allgegenwärtigen, eher konservativen Jean-Baptiste Lully mit seinem für damalige Verhältnisse „gewagten, modernen Stil“ als Reformator galt. Peter Sellars zeigt in seiner szenischen Einrichtung mit magischen Lichtstimmungen eine zurückhaltende Personenführung, bei welcher die überwiegend schmerzvollen Emotionen gekonnt über die Rampe kommen.||(Foto: Borrelli)
  • GLYNDEBOURNE FESTIVAL||Le Nozze di Figaro

    15. Juli · Autor: Agustin Blanco-Bazan||In den 91 Jahren seines Bestehens hat sich das Glyndebourne Festival durch die Inszenierung vielbeachteter Produktionen hervorgetan. Aber wird dieses Festival in der Lage sein, wieder solche Aufführungen von Mozart-Opern zu präsentieren, die in der Vergangenheit seinen wohlverdienten Ruf gefestigt haben? Dieser neue »Figaro« könnte ein Beitrag in diese Richtung sein, sobald er zu den akzeptablen Bühnenbildern und Kostümen eine kohärente Orchesterleitung und eine aussagekräftigere Regie hinzugefügt bekommt.||(Foto: Smith)
  • MUSIKFEST BREMEN||Große Nachtmusik / Ciao Napoli!

    16. August & 4. September · Autorin: Yeri Han||Eine beispielhafte Erfolgsgeschichte geht munter weiter: Das Musikfest Bremen in seiner nunmehr 36. Ausgabe ist auch nach Jahrzehnten ein wunderbares Beispiel, wie eine ganze Region Kräfte bündeln kann. Die traditionelle Eröffnung des halbmonatigen Festspielreigens erfolgte wieder im Rahmen der „Großen Nachtmusik“, die – man kennt und liebt es – ihren Besuchern die Qual der Wahl zwischen drei Veranstaltungsblöcken a 45 Minuten anbietet. Ein besonderes Schmankerl ist da in jedem Jahr wieder das vielfältige Angebot an Vokalmusik in den verschiedenen Sakralbauten am und um den erleuchteten Rathausplatz. Und noch vor Release seines neuen Albums Ende September konnte man in einem intimen Konzert in der Glocke live hineinschnuppern, als Pene Pati und eine kleine Selektion von Musikern der Formation „Il pomo d’oro“ – in Anwesenheit ihrer Mäzenin Donna Leon – sommerliche Stimmung verbreiteten.||(Foto: von der Fecht)
  • BAYREUTHER FESTSPIELE||Götterdämmerung

    20. August · Festspielhaus · Autor: Michael Lehnert||Es hieß Abschied nehmen vom »Ring des Nibelungen« in der Inszenierung von Valentin Schwarz, der jetzt als Intendant in Weimar durchstartet. Die Intensität der ausnahmslos exzellenten Sängerbesetzung ließ das Regiekonzept zum Ende noch einmal regelrecht aufblühen und überzeugen. Allen voran die inzwischen bereits legendäre Brünnhilde von Catherine Foster, die nicht nur die Charakterisierung der Figur persönlichkeitsstark und vorbehaltlos umsetzt, sondern auch eine stimmliche Souveränität, Ausdrucksstärke und Diktion präsentieren kann, die ihre sprichwörtlichen leichten Tonansätze in der Höhe krönen, die sie so einzigartig vermag ein ums andere Mal auf die Zuschauer herabschweben zu lassen. Das hat auch schon mal Jahrzehnte lang anders und schlechter geklungen in Bayreuth. Die Foster-Jahre werden in Erinnerung bleiben.||(Foto: Nawrath)

PREMIEREN

  • BRESLAU||Straszny Dwór

    19. September · Opera Wrocławska · Autor: Tony Kliche||Mit einer Neuinszenierung von Stanisław Moniuszkos »Das Gespensterschloss« eröffnete die Oper Wrocław ihre aktuelle Spielzeit in der Regie von Bruno Berger-Gorski. »Straszny Dwór« gilt als eines der bedeutendsten Opernwerke des Komponisten und zugleich als die polnischste alle polnischen Opern. Es ist einerseits eine romantische und andererseits eine politische Geschichte. Die Oper, ursprünglich im 19. Jahrhundert angesiedelt, wurde ins Wrocław der Nachkriegszeit verlegt, und während der Ouvertüre zeigte eine Videoprojektion auf dem geschlossenen Vorhang die Teilungen Polens im Lauf der Jahrhunderte.||(Foto: Opera Wrocławska)
  • BADEN-BADEN||Norma

    24. August · Festspielhaus · Autor: Jörg Michael Wienecke||Unter der impulsiven musikalischen Leitung von Domingo Hindoyan, Ehemann der Interpretin der Norma, gelang eine ambitionierte Einstudierung, die mit Drive, präzise herausgearbeiteten dramatischen Akzenten und einer passgenauen Rücksicht auf die stimmlichen Möglichkeiten der Protagonisten beeindruckte. Sonya Yoncheva, im Zenit ihrer Karriere angekommen, zelebrierte die Leitpartie des Belcanto weniger mit zirzensischen Koloratur-Effekten oder kunstvoller messa di voce, sondern mit zugespitzter Leidenschaft und dem Furor glühender Acuti – con passione!||(Foto: Gregonowits)
  • BERLIN||Werther

    23. Juli · Deutsche Oper· Autorin: Ursula Ehrensberger||Die letzte Premiere der Ära Dietmar Schwarz hatte in der beliebten Reihe der konzertanten Opern ein besonderes Highlight parat: Tenorissimo Jonathan Tetelman, dessen Karriere just in diesem Haus mit »Francesca da Rimini« so richtig durchgestartet ist, zeigte in der Partie des Werther, dass er sich zu Recht einen Spitzenplatz im Tenorfach erobert hat. Das Material ist schlichtweg sensationell, angefangen von der dunkel-bronzenen Farbe, über den stählernen Kern bis zum schmeichelweichen Timbre und den mühelos angesteuerten Höhen.||(Foto: Aurin)

INFO

  • NAMEN UND DATEN

    CHRISTIAN VAN HORN singt im November in Hector Bérlioz‘ Oper »La Damnation de Faust« die Partie des Méphistophélès am Théâtre des Champs-Élysées in Paris unter der Leitung von Jakob Lehmann und wird zum Jahreswechsel an der Metropolitan Opera in New York zu Gast sein. Dort übernimmt er den Giorgio Walton in Bellinis »I Puritani« (ab 31.12.) und den Escamillo in »Carmen«. Anschließend geht es für den Bassbariton im Februar an die Dallas Opera (als Philipp II. In Verdis »Don Carlo«) und mit der Titelpartie in Bartóks »Herzog Blaubarts Burg« im April zur Canadian Opera Company nach Toronto.||(Foto: Gonz)  
  • NACHRUF

    CHRISTOPH VON DOHNÁNYI|| Es war ruhig geworden um ihn und das nicht zuletzt aufgrund gesundheitlicher Probleme, die letztlich immer wieder geplante Auftritte und Projekte nicht zustande kommen ließen. Beim Brucknerfest in Linz beispielsweise oder am Pult der Berliner Philharmoniker, die bis zuletzt auf eine konzertante Opernaufführung von Bela Bartóks »Herzog Blaubarts Burg« hofften mit Christoph von Dohnányi, dem Enkelsohn des berühmten ungarischen Komponisten Ernö von Dohnányi, bei dem er unter anderem auch studiert (seinerzeit an der Florida State University) hatte.%weiter%Am 8. September 1929 in Berlin geboren als Sohn von Hans von Dohnanyi, dem studierten Juristen, der zu Beginn des 2. Weltkrieges in der Position eines Sonderführers für das von Wilhelm Canaris geleitete Amt Ausland/Abwehr arbeitete, das gegen Kriegsende zu einem Zentrum des Wiederstandes gegen Adolf Hitler wurde. Christoph von Dohnányi war 15 Jahre alt, als sein in der Haft schwer misshandelter Vater am 9. April 1944 vom Nazi-Regime hingerichtet wurde, und begann bald nach Ende des Krieges zunächst auch ein Jurastudium in München, von wo er aber bereits 1948 zur Hochschule für Musik und Theater in München wechselte: Komposition, Klavier und Dirigieren waren seine Fächer. Dann ging es Schlag auf Schlag in einer rasanten Aufstiegskarriere: Korrepetitor an der Bayerischen Staatsoper, Richard Strauss Preis der Stadt München, Assistent von Sir Georg Solti an der Oper Frankfurt, 1957 – viel zitiert – der jüngste Generalmusikdirektor Deutschlands in Lübeck (bis 1963). 1968 zunächst GMD in Frankfurt und bald darauf bis 1977 Intendant der Frankfurter Oper, wo er nicht nur seine treuen und hochkompetenten Mitarbeiter zu einem Team formte, sondern mit ihnen gemeinsam auch den Grundstock für einen hochklassigen „Sänger-Kader“ zusammen engagierte, der maßgeblich auch zur großen goldenen Zeit an der Hamburgischen Staatsoper von 1977 bis 1984 führte. Man darf im Zusammenhang mit seinem Frankfurter Team an Peter Mario Katona, Klaus Schultz, Gerard Mortier und Peter Dannenberg erinnern, die bis auf Schultz in Hamburg die organisatorischen Messlatten so hoch setzten, die Haus und Stadt beinahe überforderten, aber im Anspruch an die Qualität von weit in die Zukunft weisenden innovativen und konzeptionell hochklassigen Operninszenierungen und deren Besetzungen unvergesslich blieben. Luc Bondy inszenierte »Wozzeck« und »Lulu«, Achim Freyer »Die Zauberflöte«, Herbert Wernicke heiß umstrittene (50 % Pro :50 % Kontra) »Meistersinger«, er selbst »Fidelio«, und CVD, wie er später in Cleveland genannt wurde, garantierte am Pult der ihn mit Hass-Liebe begegnenden Philharmoniker ein ums andere Mal für an der Elbe nicht gewohnte Präzision, organisatorisch und musikalisch, wie es für seinen hohen intellektuellen Anspruch Voraussetzung war. In dieser Phase durften wir ihn näher kennen und auch – abgesehen von rechtlichen Scharmützeln – schätzen lernen. Ironie des Schicksals, dass auf einer Publikumsdiskussion sein Impuls dazu beitrug, 1980 „Das Opernglas“ zu gründen, dessen Jubiläum mit der 500. Ausgabe er um wenige Tage nur überlebte, als er an meinem diesjährigen Geburtstag am 6. September hochbetagt verstarb. Auch das ruft Erinnerungen wach an Strauss’ »Die Frau ohne Schatten mit Birgit Nilsson, «Verdis »Macbeth« mit Grace Bumbry und Piero Cappuccilli, »Fidelio« mit Hildegard Behrens, »Meistersinger« mit Hans Sotin, aber ebenso an glanzvolle Premieren, die er nicht selbst dirigiert hat, wie »Manon Lescaut« mit Eva Marton und Plácido Domingo oder ganze Wochen und Monate mit stargespickten Repertoireaufführungen, die den Enthusiasten kaum einen Abend daheimsitzen ließen. Seiner großen Hamburger Zeit schloss sich das Cleveland-Orchestra an, das sein dortiger Vorgänger und ebenfalls ungarischer Abstammung, Georges Szell, zu einem der ersten Klangkörper in den USA geformt hatte. Hier nahm er symphonisches Repertoire – in nahezu 100 Einspielungen – auf. In Europa unvergesslich bleiben auch seine mehr als 100 Dirigate mit den Wiener Philharmonikern (Debüt 1966) auf Tournee, im Musikvereinssaal oder auch an der Wiener Staatsoper. Vergleicht man eines seiner Paradestücke, die Ouvertüre zu Wagners »Meistersingern« in den Live-Aufnahmen aus Wien und Hamburg, so verschwindet der Unterschied im Niveau der Orchester, weil Dohnányi beide Schichten in der musikalischen Textur auf gleiche Weise herausarbeitet, meisterlich bedient und bei aller der Moderne zugewandten Sachlichkeit, die ihn von Schoenberg und bis Ligeti maßgeblich in seinem analytischen Musizieren geprägt hat, die Brücke zur österreichisch-ungarischen Traditionen nicht ganz verleugnen kann. Wortgewandt konnte er Florett über jedes Thema fechten, was meist tiefere Wirkungen hinterließ als vordergründige Beschimpfungen, und der mitunter etwas herrenreiterhafte Stil konnte liebenswert werden, weil es hinter der Fassade doch menschelte. Auch das war einer seiner vielen Ansprüche, dies als Gesprächspartner zu erkennen.||M. Lehnert||(Foto: Ito)  

MEDIEN

  • AUDIO / GESAMT - Norma

    Es ist immer wohltuend, wenn ein Dirigent allbekannte italienische Opernmusik wie die Ouvertüre zur Bellinis »Norma« bereits gekonnt rhythmisch durchstrukturiert, so wie es Pier Giorgio Morandi mit dem Transylvania State Orchestra zu Beginn einer Neuaufnahme gelingt, die ein guter Einstieg ist in einen Belcanto- Hörgenuss auf 2 CDs, der mit einer durchgängigen Frische überzeugt. Die amerikanische Sopranistin Melody Moore meistert Rezitativ und Arie („Casta Diva“) mit technischer Souveränität gleichermaßen, setzt nicht auf instrumentale Linienführung, sondern dosiert ein leichtes Vibrato zu einem Mitgefühl mit der Figur der Norma entwickelnden Höreindruck.
  • AUDIO / SOLO – Marcel Brunner: Remembrance

    „Mit meinem Debütalbum möchte ich die Hörer zur Reflexion und zum bewussten Erinnern anregen: an das Leid, die Zerstörung und die physischen wie psychischen Folgen des Krieges“ schreibt der Bassbariton Marcel Brunner (von 2018 bis 2024 im Ensemble des Nationaltheaters Mannheim) im Begleitheft seiner CD, für die er Erstaunliches zusammengestellt hat. „Die Idee zu diesem Album entstand nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022. Ein Schock durchzog die Lande. Ein Krieg mitten in Europa“, sagt Brunner: „Ukrainische Kollegen im Theater bangten um das Wohl ihrer Familien. Man fragt sich: Wie würde man sich fühlen, wenn man plötzlich so unmittelbar mit einem Krieg konfrontiert oder direkt von dessen verheerenden Auswirkungen betroffen wäre? Die Botschaft dieser Musik ist leider aktueller und relevanter denn je“. Und das seit unerträglichen dreieinhalb Jahren möchte man hinzufügen und sich tief bedanken bei Brunner für dieses musikalische Wahrzeichen.||(Foto: Jung)