EDITORIAL
Autor: R. Tiedemann · Ausgabe 7-8/2014
Auf geht es in den Festspielsommer 2014! Zwischen Bayreuth, München und Salzburg steigen Spannung und Vorfreude. Manch andere Festivals laufen bereits auf Hochtouren, sind gar schon über die Ziellinie, oder nehmen just jetzt so richtig Fahrt auf.
Weiter →Ein fröhliches buntes Treiben zwischen Prestigebühne, Openair-Spektakel und Festspielscheune. Zuweilen weht dabei ein neuer, frischer Wind, sei es im Fränkischen bei den rechtzeitig zum großen, runden Geburtstag des Komponisten komplett neu aufgestellten Gluck-Festspielen in Nürnberg, oder an der Elbe bei der Premiere des neu installierten Musikfests Hamburg. Dort hat sich gleich im ersten Jahr die Oper einen besonderen Stellenwert erobert, und man darf gespannt sein, wie sich das hohe Niveau dieses Programms in den kommenden Jahren halten und noch weiter steigern lässt. Eine willkommene Bereicherung, die sich auf das kulturelle Leben der Hansestadt zweifellos auswirken wird und den Druck schon jetzt positiv erhöht, auch und vor allem an der Staatsoper. Derartige Begeisterungsstürme will man schließlich auch an der Dammtorstraße wieder häufiger hören.
Konkurrenz belebt das Geschäft, auch im eigenen Haus. Es ist immer wieder bemerkenswert, welch positiven Effekt hochkarätige Besetzungen auf ein ganzes Ensemble haben können, wenn sich Gesangsstars die Ehre geben oder der GMD selbstbewusst auch andere Pultgötter neben sich duldet. Niveau färbt immer ab und reißt mit, egal ob durch den international gefragten Gast oder die feste lokale Größe. Dabei spielt der Zeitfaktor eine ganz wesentliche Rolle: Die passende Partie zum richtigen Zeitpunkt ist ein Ideal, das gar nicht so leicht zu erreichen ist. Da ist vorausschauende Fachkompetenz im Besetzungsbüro ebenso gefragt wie die kluge Selbsteinschätzung des Künstlers.
Singen ist Millimeterarbeit, wie es Juan Diego Flórez so schön im aktuellen Interview formuliert. Nicht nur an den Stimmbädern: Eine erfolgreiche Gesangslaufbahn erfordert eine ganze Menge Kopfarbeit im Moment der Tonproduktion, in der Vorbereitung und eben auch im langfristigen Vorausplanen. Bei aller berechtigter Sorge um so manches in der Sonne des Ruhms viel zu schnell verglühende Talent, zeigen derzeit doch erfreulich viele Künstler, dass mit Bedacht angegangene Karrieren auch in unserer heutigen, immer neue Sensationen einfordernden Zeit mit ihren zum Teil irrwitzig weit in die Zukunft reichenden Verträgen durchaus langlebig sein können. Die Souveränität zum entschiedenen „Nein“ im Vorfeld gehört ebenso dazu wie ehrlicher Mut zur rechtzeitigen Absage, wenn sich die Stimme anders weiterentwickelt hat, als vor Jahren gedacht. So enttäuschend das im Einzelfall für die Fans sein kann, so groß ist doch der Gewinn für die Stimme.
Alle Sängerinterviews dieser Ausgabe kreisen letztendlich um diese grundlegenden Themen des Opernalltags. Sie handeln aber auch von Träumen, den erfüllten wie (noch) unerfüllten, und von den Wegen, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Sei es durch die bewusste Hinwendung zu einer neuen Herausforderung, die gerade bei gefragten Sängern auch immer eine Entscheidung gegen ein anderes tolles Angebot ist, sei es durch das Ausharren in einem anderen Fach, um letztendlich doch jene Partien singen zu können, für die die Stimme an sich immer schon gemacht schien – oder einfach durch geschicktes Lancieren der eigenen Traumpartien an prominenter Stelle: im „Opernglas“-Interview. Hui He, die viel gefragte Verdi-Spezialistin, brachte zu unserem Gespräch gleich eine ganze Wunschliste mit…
Die Breitenwirkung insbesondere unserer alljährlichen großen Festspielausgabe ist noch einmal um ein Vielfaches erhöht; das spüren wir Jahr für Jahr aufs Neue, in der Regel schon weit im Vorfeld. Jeder will irgendwie dabei sein. Wenn das kein Ansporn ist! Und so haben wir uns einmal mehr für Sie, liebe Leser, ganz besonders ins Zeug gelegt. Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie erneut eine geballte Themenfülle, die durch die vielen Ankündigungen der Pläne von Opernhäusern und Konzertveranstaltern noch zusätzlichen Informationsgehalt gewinnt und schon jetzt viel Lust aufs Pläneschmieden macht. In Kombination mit den wie immer sehr ausführlichen Premierenberichten, den exklusiven Interviews und dem bunten Medienteil darf ich Ihnen eine spannende, höchst abwechslungsreiche Lektüre versprechen. Viel Spaß dabei, einen schönen Sommer – und natürlich eine Menge aufregender Festspielerlebnisse!