EDITORIAL
Autorin: Y. Han · Ausgabe 01/2025|| Wann immer gespart werden muss, trifft es meistens zuerst das Kultur- und Bildungswesen. Während so ein Rückbau à la „diese Spielzeit eher keine Oper mehr“ bei Mehrspartenhäusern in kleineren Städten oftmals eher unauffällig und ohne großen überregionalen Aufschrei vonstatten geht, sorgten die Sparpläne der CDU-geführten Regierung von Berlin jetzt für deutlich mehr Wind – begonnen beim Wegfall des kostenlosen Museumssonntags, der auch in den Sozialen Medien von vielen Berlinern thematisiert wurde. Sicherlich ist nicht daran zu rütteln, dass der Sozialstaat, so wie er in den vergangenen Jahrzehnten funktioniert hat, für die Zukunft angepasst werden muss. Und viele deutsche Kulturschaffende selbst sind sich ebenfalls einig, dass es in ihrer Branche so manche Stellschraube gibt, die feinjustiert werden könnte für eine wirtschaftlichere Betrieblichkeit. Aber „von oben“, von zudem oftmals kaum eigene Kultur-Expertise mitbringenden Entscheidern verordnete und dazu auch noch mit polemischen Argumenten wie „warum soll eine Kassiererin die günstigen Ticketpreise mitsubventionieren“ begründete Sparmaßnahmen sind letzten Endes nichts als purer Aktionismus, der den Regierenden die glänzende Plakette von schnell erreichten Zielvorgaben einbringen soll – ohne das Risiko von schlagartig sichtbaren Folgen dieser Entscheidungen. Das probate Mittel eben, zu dem immer wieder gern gegriffen wird. Aber: Es geht bei Dingen wie Kultur-Subvention ganz zentral auch um das Thema Teilhabe – die ausgestreckte Hand an alle, die ebenfalls in den Genuss von etwas kommen möchten, was auf Basis eines gemeinschaftlichen Konsenses als erstrebenswertes Wissen, als lohnenswerte Aktivität erachtet wird – und das unabhängig von den eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten oder denen der Eltern.%weiter%Und: Ist das nicht etwas, woran wir gerade jetzt unbedingt festhalten sollten, wo ein weiteres Jahr zu Ende geht, in dem weiterhin schreckliche Kriege wüten und Misstrauen, Ängste, unverhohlene Lügen und Fake News die durch die Weltgemeinschaft gehenden Gräben immer mehr vertiefen? Es sind doch gerade die durch subventionierte Institutionen vermittelten, langfristig wirkenden Eindrücke und Wissensschätze, die uns als Menschen so maßgeblich mitformen, uns bestenfalls offener, interessierter und in dem Zuge auch großherziger machen können – sich das als Gesellschaft zu nehmen, ist ein Fehler, der die ohnehin schon stattfindende „Verdummung“ wie ein Brandbeschleuniger vorantreibt, auf viele Jahre schaden wird und tragischerweise viele Menschen in Zukunft außen vor lässt, die die ausgestreckte Hand vielleicht gern ergriffen hätten.
Eigentlich war doch gerade das Jahresende immer die Zeit, in der man sich gern wieder auf solche Bestrebungen zurückbesonnen hat – auf den Wert von Gemeinschaft, auf das Niemanden-Zurücklassen. So mancher beruhigt das eigene Gewissen gern mit der traditionell zu den Feiertagen getätigten Spende für Menschen in Not; so langsam sind wir aber an einem Punkt angelangt, an dem diese Art von mechanischem Engagement allein vielleicht nicht mehr reicht, denn schon jetzt sind viele sozial relevante Strukturen auf ehrenamtlichen Einsatz und freiwillig gegebene Zeit angewiesen. Noch mehr aber sollten wir als Gesellschaft tagtäglich hinterfragen, wie wir die Zukunft aktiv und bewusst mitgestalten wollen, wenn nachfolgende Generationen in ihr nicht nur einen Platz zum (Über-) Leben finden, sondern sich in diesem auch weiterhin so frei und divers entfalten können sollen, wie wir es tun und taten.
Die gesamte „Opernglas“-Familie wünscht Ihnen, liebe Leser, einen besinnlichen Jahresausklang und einen frohen Übergang in ein hoffentlich endlich wieder friedlicheres neues Jahr.||Ihre Yeri Han