EDITORIAL
Autorin: Y. Han - 1/2022| |
2021 geht zu Ende – und wer hätte vor inzwischen fast zwei Jahren ernsthaft gedacht, dass auch dieser Blick zurück so nachdrücklich von der „größten Gesundheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“, wie die Pandemie auch immer wieder umschrieben wird, geprägt sein würde… Wo befinden Sie, liebe Leser, sich emotional inzwischen? Sind Sie zuversichtlich oder zermürbt, verständnisvoll oder verärgert, geduldig oder ungeduldig – oder etwas ganz anderes?%weiter%
Corona erweist sich als andauernde Belastungsprobe für unsere Gesellschaft, im Großen wie im Kleinen – und jeder Mensch, jede Branche, jeder Lebenssektor formuliert andere Anforderungen an den Umgang mit dieser Krise; während der Kunstliebhaber und Kunst-Ausführende im letzten Winter unter den flächendeckenden Schließungen sämtlicher Kultureinrichtungen gelitten, im weiteren Jahresverlauf dann aufgeatmet und jetzt im zweiten Winter wieder erneute Schließungen zu fürchten oder sogar schon zu erleben begonnen hat, wird dies dem medizinischen Fachpersonal vermutlich als marginales Problem erscheinen, das hinter epidemiologischen Notwendigkeiten und Maßnahmen zurückstehen sollte. Der Wahrheit, dass Kultur nichts Triviales, sondern etwas auf seine einzigartige Weise ebenfalls Lebensnotwendiges ist, wird jeder fühlende Mensch vorbehaltlos zustimmen. Wie also entscheidet man, wenn Maßnahmen notwendig erscheinen, aber jede Entscheidung eine ungerechte wäre und jede mit menschlichen Schicksalen verbunden ist? Am Ende eines jeden Jahres richtet der Blick sich traditionell sowohl nach vorne auf das, was das neue Jahr wohl bringen mag, wie zurück auf das in den vergangenen zwölf Monaten Erlebte, oft verbunden mit leichtem Staunen darüber, wie schnell das Jahr vergangen ist und was sich doch noch alles ereignet hat. Vom Schrecken des Winter-Lockdowns einmal abgesehen war 2021 auch in kultureller Hinsicht ein wieder gutes Jahr, getragen von Optimismus und der gefühlten Rückkehr von Normalität durch ein breites Angebot. Sicherlich ist auch in Ihrem Umfeld so wie in so manchem Interview der zurückliegenden Monate mit unseren Künstlern der Satz gefallen, dass nicht alles an der Pandemie schlecht war – das mögen privilegierte Äußerungen und Beobachtungen einer White-Collar-Blase sein, aber für so manchen sind das Herunterfahren und Entschleunigen, das längst überfällige Aufbrechen von starren Arbeitsstrukturen eine willkommene Zäsur und ein gesunden lassendes Aufatmen im dahinklappernden Hamsterrad des Lebens gewesen, das beim ein oder anderen überfällige Lebensentscheidungen angeregt, zu neuen Schritten ermutigt oder unverhoffte Kapitel eröffnet hat. Es sind Zeiten des Wandels, in denen Werte überdacht und mehr Stimmen denn je angehört und in den Diskurs eingebunden werden. Einige dieser positiven „Errungenschaften“ und etwas Achtsamkeit werden wir hoffentlich dauerhaft auch in die auf uns wartende neue Post-Corona- Normalität überführen können – ein wenig wie die Metropolitan Opera, die sich mit demonstrativem Aufbruchsgeist aus ihrer Zwangspause zurückgemeldet und erstmals in ihrer Geschichte mit dem Werk eines schwarzen Komponisten ihre Saison eröffnet hat. Aber wie auch immer Ihr persönlicher Jahresrückblick ausfallen mag: Ich möchte mich auch in diesem Jahr an dieser Stelle in Namen der gesamten „Opernglas“- Familie wieder für Ihre aktive Treue und Ihr stetes Interesse bedanken, die uns weiterhin begleitet und mehr denn je in unserer Arbeit motiviert haben. Sie, liebe Leser, waren und sind der lebende Beweis, dass das Hegen eines lebhaften Interesses, nicht nur an der Kultur im Speziellen, sondern an Themen generell, essenziell für das Leben als solches ist, und wir freuen uns, wenn auch wir unseren Beitrag leisten konnten und können. Kommen Sie gut ins neue Jahr! Wir freuen uns auf die Wiederbegegnung in 2022.