EDITORIAL
Autor: R. Tiedemann · Ausgabe 1/2017
Diese „Opernglas“-Ausgabe ist für mich etwas Besonders. Nicht etwa wegen des so herrlich unbekümmerten, espritvollen Titelfotos von Frankreichs Mezzo-Verheißung Marianne Crebassa. Auch nicht wegen des üppig-informativen Inhaltes mit all seinen Berichten vom aktuellen Bühnengeschehen, den jüngsten CD-Veröffentlichungen, den wichtigsten Neuigkeiten von Künstlern und Opernhäusern. Dieses abwechslungsreiche Gesamtpaket dürfen Sie, liebe Leser, in jeder unserer Ausgaben Monat für Monat erwarten.
Das Besondere liegt im ganz Persönlichen, denn mit diesem Januar jährt sich der Beginn meiner Arbeit als „Opernglas“-Chefredakteur zum zwanzigsten Mal.
Weiter →Was für eine ereignisreiche, erfüllende Zeit! In all diesen Jahren habe ich unzählige musikalische Höhepunkte erleben dürfen, viele davon sind in den zurückliegenden 220 Ausgaben als Berichte nachzulesen. Jeder Opernbesuch, auch jedes Interview bescheren aufschlussreiche Erlebnisse am Rande, spannende Hintergrundeinsichten, etliche lang nachklingende Eindrücke von faszinierenden Reisen in ferne Länder mit reichen, bereichernden Kulturen. Und unvergessliche Begegnungen mit den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit: von den aktuellen Stars wie Anna Netrebko, Joyce DiDonato, José Cura oder Bryn Terfel, zu denen über die Jahre auch ganz persönliche Kontakte entstanden sind, über Pultgrößen, Komponisten, Regisseure, Intendanten bis hin zu den Opernlegenden früherer Tage, die ganze Generationen mit ihrer Gestaltungskunst geprägt haben. Dass etliche Gesprächspartner auf große, lange Karrieren zurückblicken und dennoch dem Musiktheater heute noch voller Elan auf unterschiedlichste Weise aktiv verbunden bleiben, freut mich besonders. Brigitte Fassbaender sorgt weiterhin fleißig für interessante Bühnenproduktionen und spannende Festspiel-Programme. Edita Gruberova, die just im Dezember 70 Jahre alt wurde, singt unbeirrt weiter ein Repertoire, an das sich selbst deutlich jüngere Fachkolleginnen nicht mehr wagen. Und der unermüdliche Plácido Domingo begeisterte gerade einmal mehr als Stimmphänomen und Charakterdarsteller. Die Oper – ein Jungbrunnen? Fast scheint es so, wenn man auf den nachfolgenden Seiten auch über Leo Nuccis immer noch eindrucksvollen Nabucco oder Zubin Mehtas jugendfrisches »Falstaff«-Dirigat liest.
Auch die wunderbare Grace Bumbry, die Anfang Januar ihren 80. Geburtstag feiert, ist nach wie vor ganz nah dran am Geschehen – und könnte sich sogar vorstellen, wieder in einer Opernproduktion aufzutreten! Wie elementar wichtig für derart außergewöhnliche Karrieren Disziplin, Kontrolle, Stimmtechnik auf der einen, kluge Selbsteinschätzung und eine starke Persönlichkeit mit Charakter (zu dem auch der Mut zum beherzten „Nein“ gehört) auf der anderen Seite sind, kann nicht genug betont werden. Ein Wissen, das die große Sopranistin sehr gern mit jungen Kollegen teilt. Und dessen Umsetzung in der Regel für jeden Sänger mit mancherlei Entbehrung verbunden ist. Das sollten wir, als partizipierendes, genießendes Publikum, wertschätzen.
Lassen Sie mich aus gegebenem Anlass heute einmal Danke sagen – an die Künstler, die uns so viele großartige Momente bescheren. An all die hochengagierten Mitarbeiter der Opernhäuser, die abseits des Rampenlichtes den komplexen Musiktheater-Betrieb am Laufen halten. Und natürlich auch an all jene, die zum Gelingen unseres Magazins ganz wesentlich beitragen: Neben meinen Kollegen in der Hamburger Redaktion sind das vor allem unsere zahlreichen freien Autoren, die mit großer Kompetenz und noch größerer Begeisterung nicht müde werden, sich dem Musiktheater in all seinen Facetten – und gelegentlichen Auswüchsen – zu stellen und die daraus resultierenden, teilweise höchst unterschiedlichen Erkenntnisse in aufschlussreiche, informative Texte zu gießen. Auch Abonnenten und Anzeigenkunden gebührt ein besonderer Dank für Ihre Treue über Jahre, sichern Sie doch mit ihrem Vertrauen die Unabhängigkeit und konstant hohe Qualität in allen Arbeitsbereichen unseres Verlages. Mein herzlichster Dank gilt jedem Einzelnen von Ihnen, liebe Leser, für Ihr stetes, intensives Interesse und Ihr kenntnisreiches Feedback. Für uns alle in der Redaktion ist das Wissen um eine ebenso begeisterte wie kritische Leserschaft stets eine ganz besondere Motivation und große Herausforderung, der wir uns auch in Zukunft mit ebensolchem Enthusiasmus stellen wollen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein schönes, anregendes, bereicherndes Opernjahr 2017!